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Die Republik Sacha (Jakutien)
Der
Zeitunterschied zwischen Deutschland und dem europäischen Teil Rußlands
beträgt 2 Stunden, zwischen Deutschland und Jakutien beträgt
er 8 Stunden.
Die Republik Sacha (Jakutien) liegt im Nordosten Sibiriens und gehört
zu Rußlands.
Der nördlichste Punkt des Festlandes das Kap Norwik liegt bei etwa
74 nördlicher Breite, der südlichste Punkt befindet sich im
Staniwoi - Gebirge bei 55C30' nördlicher Breite,dies entspricht fast
dem Breitengrad von Moskau.
Der nördlichste Punkt liegt bei 55 30 nördlicher
Breite. Die größte Nord - Sud Ausdehnung beträgt 2000
km, die größte West-Ost Ausdehnung 2500 km. Die Fläche
beträgt 3.102.200 km, das ist ein Siebentel des gesamten Territoriums
der ehemaligen UDSSR. Jakutien ist somit fast 9 mal so groß wie
das vereinigte Deutschland. Innerhalb der Republik liegen 3 Stunden Zeitunterschied.
Die Entfernung von Moskau nach Jakutsk beträgt ca. 8470 km.
Die Besiedlung Jakutiens erfolgte es 1000 n. Chr durch die Jakuten einem
turksprachigem Nomadenvolk, das aus der Region um den Baikalsee zuwanderte.
1632 wurde die heutige Hauptstadt Jakutsk von den Enissejkosaken als befestigte
Siedlung gegründet. Im zaristischen Russland war Jakutien Verbannungsort.
Eine stärkere Besiedlung erfuhr Jakutien erst gegen Ende des 19.,
Anfang des 20. Jahrhunderts als die Kunde von reichen Bodenschätzen
nach Westen drang.
Heute leben in Jakutien mehr als l. Mio Menschen (Bevölkerungsdichte:
0,4 EW/km ), 200000 davon in der Hauptstadt. Die Republik ist multinational.
Die Jakuten (ca. 33%) stellen zusammen mit den Russen (ca. 50%), Ukrainer
und Weißrussen den größten Bevölkerungsteil, die
Volksgruppen der Ewenen, Ewenken und Jukagieren sind nur gering vertreten.
Amtssprachen sind russisch und jakutisch.
Der Norden und vor allem der Nordosten des Landes ist bis auf einige Gebirgsausläufer
äußerst flach, unzählige Tümpel (Alasen) und Seen
gibt es hier. Sie nehmen 60 % der Flache ein und sind zusammen mit Strukturboden
und anderen Thennokarsterscheinungen typische Zeugen der Permaf rostregion.
Alasen und Strukturboden entstehen durch das periodische Auftauen und
Gefrieren des Bodens und dem damit zusammenhängenden Materialtransport.
Der zentrale westliche Teil liegt etwas hoher, zwischen 200 und 500 m
über NN, die Morphologie ist aber ebenfalls flach und entspricht
der Geologie. Es handelt sich in diesem Bereich um den Sibirischen Kraton,
der seit dem Präkambrium mit Ausnahme der Wiluj Gegend keine gro&eren
Bewegungen erfuhr. Die Sedimente sind annähernd ungestört und
liegen fast horizontal. Auch hier gibt es unzählige Seen, Tümpel
und Wasserlöcher, wenn im Sommer der gefrorene Boden auftaut. In
diesem Ambiente entwickeln sich dann Milliarden von Fliegen und Stechmücken,
die wahrend der warmen Monate zu einer wahren Plage für Mensch und
Tier werden.
Der südliche und zentrale östliche Landesteil wird durch Hochgebirge
eingenommen. Im Süden handelt es sich um das Stanowoi Gebirge einem
Ausläufer des präkambrischen Aldan Schildes und im zentralen
östlichen Teil sind es die nahen nordwest/südost verlaufenden
mesozoischen Gebirgsketten des Werchojanski - und Tscherski -Gebirges.
Die Höhen betragen 2000-3000 m über NN.
Jakutien
wird durch 6 große Flußsysteme durchzogen. Diese sind von
Westen nach Osten gehend, der Anabar, der Olenjok, die Lena, die Jana,
die Indigirka und die Kolyma. Alle diese Systeme fließen in das
nördliche Eismeer (Laptewsee). Der mit Adstand großte Strom
ist die Lena mit einer Länge von 4400 km. Sie ist der drittlängste
Strom der ehemaligen ' UdSSR, ihr Einzugsgebiet umfaßt ca. 2 Mio
km. Über die Hälfte des gesamten oberirdischen Abflusses Jakutiens
fließt über sie ab. In ihrem zentralen Teil ist sie 5-8 km
breit und in eine Reihe von Nebenarmen verzweigt. Im Frühjahr kann
sie bis 30 km breit werden. Der größte Nebenfluß der
Lena ist der Wiluj mit 2650 km Länge. Generell sind die abfließenden
Wassermengen starken jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen. Im Frühjahr,
so gegen Mitte Mai, kann derWasserspiegel der Flüsse innerhald weniger
Tage auf ein Vielfaches seiner normalen Hohe ansteigen. In Bulun an der
Lena, wo der FIuß in ein relativ schmales Durchbruchstal eintritt,
wurden Wasserstandsunterschiede von 27 Metern innerhalb weniger Tage gemessen.
Manche Flusse im Norden haben nur einen sommerlichen Abfluß, im
Winter sind sie bis zum Grund gefroren.
In Jakutien herrscht extrem kontinentales Klima (der kalte Winter, heiße
trockene Sommer). Der Winter dauert im Norden an die 9 Monate, in Jakutsk
- ein halbes Jahr. Die Temperaturen sinken bis auf unter - 50C, im Januar
liegen die mittleren monatlichen Temperaturen zwischen - 30C und - 50C.
Ojmjakon im sudlichen Werchojanski Gebirge gilt als der Kaltepol der nordlichen
Hemisphäre. Hier fallen die Temperaturen auf - 70C. Im Juli liegen
die mittleren monatlichen Temperaturen bei 8 - 20C, nicht selten aber
steigt das Thermometer auf 30C. In manchen Jahren betragt die Temperaturdifferenz
zwischen Sommer und Winter bis zu 100C. Niederschlage sind gering. Mit
Ausnahme der gebirgigen Regionen im äußersten Süden und
im zentralen westlichen Landesteil liegen sie im Jahresmittel unter 300mm,
in weiten Gebieten sogar unter 200mm. Der niederschlagsreichste Monat
ist der August. Die Pflanzen erhalten ihr Wasser vorwiegend aus dem aufgetauten
Boden.
Das gesamte Land liegt im Bereich des Permafrostbodens. Von Permafrost
oder Dauerfrostboden spricht man dann, wenn der Untergrund mit Ausnahme
der flachen sommerlichen Auftauzone, Mollisol genannt, über längere
Zeiträume, mindestens aber über zwei Jahre durchgängig
negative Temperaturen aufweist. Der Permafrostboden ist ein Relikt aus
der Eiszeit, das sich hier in Sibirien, im hohen europäischen Norden
und im nordlichen Amerika erhalten konnte, beschrankt auf Gebiete, in
denen die mittlere Jahrestemperatur unter dem Gefrierpunkt liegt. Seine
durchschnittliche Tiefe liegt in Jakutien bei 100-500 m. Die größte
festgestellte Tiefe betragt 1500 m, in Jakutsk beträgt die Mächtigkeit
200.250m.
Im Sommer taut der Permafrostboden von der Oberflache her auf. Die Tautiefe
beträgt 0.2 - 8 m, in Jakutsk durchschnittlich 2 m. Der Untergrund
großer Flusse ist nicht gefroren. Permafrost gibt es in Nordjakutien
seit ca. 2 Mio. Jahren, in Zentraljakutien seit 600.000 Jahren. Mit dem
Phänomen Permafrost beschäftigt sich eingehend das in Jakutsk
ansässige Permafrostinstitut. Es ist das älteste seiner Art
und aufgrund seiner grundlegenden Arbeiten weltweit bekannt.
Ein schmales Band im Norden des Landes wird durch die Tundra eingenommen.
Hier wo im Juli, dem wärmsten Monat gerade 38C erreicht werden, gedeihen
vorwiegend Moose, Flechten, Gräser und Krauter, nur gelegentlich
kommen auch niedrige Sträucher vor. Weite leicht wellige wiesenahnliche
Flachen sind häufig. Nur kurze Zeit, oftmals nur wenige Tage, ist
die Tundra ein Farbenmeer, wenn die anspruchlosen Pflanzen blühen.
Es gibt auch Baume, Zwergbirken und Weiden. Sie sind aber nur 10-20 cm
hoch. Weiter nach Süden geht die Tundra dann in die Waldtundra mit
Weiden-Birken- und Erlenbuschen und schließlich in die Taiga über.
80 Prozent des Landes werden von ihr eingenommen. Hierbei handelt es sich
um einen lichten Wald, der zu 3/4 aus Lärchenarten besteht. Am häufigsten
kommt die dahurische Lärche vor. Sie ist mit ihrem horizontal liegenden
breiten Wurzelstock bestens an den Permarfrost angepaßt. Je weiter
man nach Süden kommt, umso vielfältiger werden die Baumarten.
Birken wachsen hier, in den Flu&talem stehen Tannen und Zirbelkiefern,
Fichten werden häufiger bis sie im Süden schlie&lich das
Bild der Taiga beherrschen.
Im Sommer gedeihen auf dem aufgetauten, wassergesättigten Permafrostboden
eine große Anzahl von Pilzen. In den sudlichen Gebirgsregionen findet
man vorzugsweise auf den süd - bis sudwest orientierten Hangen Unmengen
von Beeren wie z.B. Schwarze und rote Johannisbeeren, Himbeeren, Preiselbeeren
etc.
Zum Leidwesen der Regierung gedeiht in Jakutien auch wilder Hanf.
Die Landnutzung umfaßt in Jakutjen die Gebiete Ackerbau, Viehzucht
(Fleisch - und Milchwirtschaft), Holzwirtschaft und Rohstoffgewinnung.
Ackerbau ist im zentralen und sudlichen- Landesteil möglich. Es wird
Weizen, Gerste, Hafer, Kartoffeln, Gemuse im Freiland und Gurken und Tomaten
in Gewächshäusern angebaut. Viehzucht wird hauptsachlich von
den rentierzuchtenden Jakuten betrieben. Sie verfugen über ca 500.000
Tiere. Beides deckt den Bedarf in etwa zur Hälfte,die andere Hälfte
muß importiert werden. Holz und Rohstoffe, hier sind in erster Linie
Gold und Diamanten gemeint, werden exportiert. 1990 exportierte die UDSSR
234 t vorwiegend in Jakutien gewonnenes Gold (Handelsblatt 22.2.91). Jakutien
verfugt neben Gold und Diamanten über ein reichhaltiges Arsenal von
Eisen -, Buntmetall -, Kohle - und Erdgaslagerstätten.
Jakutien verfügt über sehr wenige Straßen. Die Flüsse
sind die Haupttransportwege des Landes, im Sommer werden die Waren per
Schiff und im Winter per LKW auf dem zugefrorenen Fluß transportiert.
6-7 Monate lang liegen die Schiffe im Eis fest. Für den Personenverkehr
gibt es neben den Schiffen und Tragflügelbooten eine Reihe von Flugverbindungen.
Eine Eisenbahnlinie, die Jakutsk mit der weiter im Süden verlaufenden
BAM - Eisenbahnlinie (Baikal - Amur - Magistrale) verbindet, ist im Bau.
Die bekannte Transsibirische Eisenbahn verlauft weiter im Süden und
berührt das Territorium der Republik Saclia (Jakutien) nicht.
Die
Jakuten nennen sich selbst Sacha. Sie sind ein türksprachiges Volk.
Die Jakuten lebten ursprunglich westlich des Baikalsees am Oberlauf der
Lena.
Die Vorfahren der Jakuten, die sich selbst "Sacha"
nennen, sind einst aus dem Urheimat der Turkvölker, der Region um
das Altai Gebirge, über das Baikal Gebiet im Zuge einer nach Norden
gerichteten Volkerbewegung, an der auch mongolische und andere Sprachgruppen
beteiligt waren, in ihre heutigen Wohngebiete eingewandert. Sie sind vor
allem Rinder - und Pferdezuchter , das Pferd ist ihr Lieblingstier, im
Norden gehen sie auch der Rentierzucht nach. In den sudlichen Teilen haben
sie seit Mitte des 19. Jhdts. von den Russen den Ackerbau übernommen.
In der Langlebigkeit stehen sie hinter den kaukasischen Völkern an
zweiter Stelle.
Die Sprache der Jakuten nimmt durch die lange isolierte Entwicklung des
Lautbestandes eine Sonderstellung innerhalb der Turksprachen ein und bildet
einen eigenen nordöstlichen Zweig dieser Sprachgruppe. Der jakutische
Wortschatz ist nur zu 30 - 40 Prozent türkischer Herkunft und enthalt
viel mongolisches Lehngut, aber auch Elemente ungeklärter, vielleicht
altasiatischer Zugehörigkeit. Das Jakutische wird seit der Mitte
des 19. Jhdt. in kyrillischer Schrift geschrieben, seit Ende der 20-iger
Jahre unseres Jahrhunderts war ein lateinisches Alphabet im Gebrauch ,
das 1938 wieder durch eine angepa&te kyrillische Schrift ersetzt wurde.
Die jakutische Volksliteratur ist mannigfaltig (Sagen, Epen, Gesänge,
usw.) und in ihren Motiven eigenständig, Parallelen zu denen anderer
Turkstamme sind durch die lange Isolierung selten.
Im 17. und 18. Jhdt. sind die Jakuten großteils zum orthodoxen Christentum
übergetreten, doch haben sich Reste der ursprünglichen religiösen
Vorstellugen bis ins 20. Jhdt. erhalten. In der althergebrachten heidnischen
Religion herrschte ein höchstes Wesen über eine zahlreiche Götter
- und Geisterschar, der Schamane hatte eine wichtige, berufsmäßig
ausgeübte Stellung inne. Ihre ursprüngliche Behausung war im
Sommer die Stangenjurte, vorwiegend aus Birkenrinde, im Winter lehmverputzte,
rechteckige, bisweilen auch Blockhäuser. Wo sie Holzhäuser (Balagan)
hatten, waren diese mit Rinden bedeckt, darüber lag Erde und Gras.
Heute werden fast ausschließlich von Russen übernommene Blockhauser
bewohnt.
Auf handwerklichem Gebiet sind die Jakuten geschickte Eisen - und Silberschmiede,
sowie Holzschnitzer. In der Volkskunst sind vor allem Geschirr und Küchengerate
aus Hols - und Birkenrinde mit schonen, meist waagerechten Ornamenten
erwähnenswert, z. B. die Tschorone, die Gefäße für
die gegorene Stutenmilch (Kuniyß), ihr Hauptgetränk. Die Ornamente,
mit denen früher auch Möbel versehen wurden, haben oft mythologische
Bedeutung. Manche Holzgefaße werden mit Silberschmuck behangt. Auch
die Pfähle zum Festbinden der Pferde sind oft reich geschnitzt. Die
althergebrachten Trachten haben sich nur in der winterlichen Fellkleidung
und in den reich mit Silberschmuck behängten Festgewändern der
Frauen erhalten.
Aus
Pferdehaaren wurden Schlingen für Tierfallen, Flechten von Stricken
und Schnüren geflochten, Netze geknüpft. Die meisten Jakuten
können für ihren Haushalt alles selbst fertigen. Die verschiedensten
Fellarten werden von den Jakuten meisterhaft bearbeitet,neben Kleidern,
Jacken, Mänteln, Mützen, Stiefeln und Schuhen stellen sie Decken,Kissen,
Wandbeh'ange, Tschepraken her und verfertigen aus Pelzstücken Puppen,
Bilder, ja sogar "Landschaften in Applikation.
Yhyach ist ein traditionelles jakutisches Fest zu Beginn des Sommers.
Auf einer festlich geschmückten Wiese (Alas) versammeln sich die
Einwohner des Dorfes, keiner bleibt zu Hause. Im Zentrum der Wiese wird
eine rituelle Säule zum Anbinden der Pferde (Sserge) aufgestellt.
Ein Oloncho - Sanger (Oloncho - jakutisches Heldenepos) eröffnet
das Fest mit seinem Kehlkopfgesang, dabei bewirtet er das heilige Feuer,in
dem er das Feuer und die Erde mit Salamat und Kumys beschenkt und besprengt
und bittet sie um Wohlstand für sein Volk.
Dann reichen junge Jakutinnen dieses Getränk in Tschoro - nen (Kumysgefässen)
herum: zuerst den Ältesten, dann den Gästen und dann allen anderen
Anwesenden. Alle trinken Kumys, essen gekochtes Pferdefleisch und jakutische
Fladen.
Danach werden Wettkämpfe in traditionellen Volkssportarten durchgeführt:
im Freistilringen, in jakutischen Springen, Pferderennen, Stocküberzienen.
Als höchster Preis wird ein gekochter Pferdeunterschenkel verliehen.
Nach der Belohnung der Besten sammelt man sich zum Rundtanz mit Gesang
"Ossuochaj". Yhyach dauert 3 Tage lang. Nach diesem Fest beginnt
die tüchtige Arbeit auf den Feldern und Wiesen.
1632 wurde an den Ufern den. Lena, etwa 75 Kilometer unterhalb des heutigen
Jakutsk, eine russische Siedlung gegründet. Sie wurde Lenski Ostrog
genannt. Bald aber musste sie wieder aufgegeben werden. Sie lag zu nahe
an der Lena in ihrem Hochwasserbereich. 1647 wurde sie an den heutigen
hochwasserfreien Standort verlegt und bald auch mit einer hohen Palisade
aus Lärchenstä'nimen befestigt. Vpn den ehemals vier Wachttünnen
des Ostrogs ist nur noch einer erhalten. Er wurde rekonstruiert und am
stadtischen Museum neu aufgestellt.
Von hier aus wurde der Norden des Landes für den Zaren in Besitz
genommen. Bereits um die Mitte des 17. Jahrhunderts wurde der Stille Ozean
erreicht und damit der Anschluß Sibiriens und des Fernen Ostens
an das russische Reich vollendet.
Die Lena ist die Lebensader Jakutiens. Die Einwohner der Lena - Siedlungen
nennen sie die "Ernährerin. Ihre fruchtbaren Auewiesen
bilden die Grundlage für die Viehzucht. Die Lena ist bekannt durch
ihr Fischreichtum. Es gibt hier Edelfischarten, die kaum in einem anderen
Fluss vorkommen.
Die Binnenschiffer und Holzflosser nennen die Lena "unermüdliche
Arbeiterin". Sie ist die Hauptverkehrsstrasse der Jakutischen Republik,
80 Prozent aller Guter werden über sie befördert.
Die Wasserführung der Lena wird durch ihre Nebenflusse bestimmt,
die grössten darunter sind: Kirenga, Wüjuj, Witim, Oljokma,
Sinjaja, Aldan. Die wichtigsten Hafen auf der Lena sind Ossetrowo und
Tixi. Der Hafen Ossetrowo verbindet die Lena mit der Transsibirischen
Eisenbahn, der Hafen Tixi - mit den Seewegen des Nordischen Eismeeres.
Das Lena - Becken ist reich an Naturschätzen. Ausser Gold sind hier
grosso Erdgas-, Metall-, Salz- und Steinkohlevorrate entdeckt worden.
Zum ersten Mal wurde die Lena auf der geographischen Karte vom Jahr 1628
erwähnt. Es war die Zeit der Erschliessung Sibiriens.
Erste systematische Untersuchungen über den Pennafrostboden wurden
bereits zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in der Stadt Jakutsk durchgeführt.
Hier hatte sich Fjodor Schergin niedergelassen, ein Kaufmann, der aus
Weliki Ustjug an der nordlichen Dwina nach Jakutsk gekommen war. Er war
Teilhaber der Russisch - Amerikanischen Handelskompagnie und von 1826
bis 1838 als Leiter des Jakutsker Büros dieser Gesellschaft tatig.
Nicht weit vom heutigen Platz der Freundschaft hatte er sich ein Haus
bauen lassen. 1827 ließ er daneben einen Brunnen graben. Er glaubte,
daß man hier bereits in 10 1/2 Klafter Tiefe, das sind etwa 22.5
Meter, auf Grundwasser treffen wurde. Aber er hatte sich geirrt. In dieser
Tiefe war der Boden noch fest gefroren. Fjodor Schergin aber ließ
weitergraben. Es ging ihm nun schon nicht mehr allein um Wasser. Er wollte
wissen, bis in welche Tiefe der Fröstboden reicht. Sein Interesse
daran war geweckt worden, als 1829 zuerst der deutsche Gelehrte und Forschhungsreisende
A.Ermann und dann der zum Generalgouverneur von Russisch - Amerika (Alaska)
ernannte bekannte russische Erforscher des arktischen Asiens, Baron F.
P. Wrangel, Temperaturmessungen in Brunnenschacht durchgeführt hatten.
Auf Kosten der Russisch - Amerikanischen Kompagnie wurden die Arbeiten
im Schacht noch sechzehn Jahre weitergeführt. Erst in 382 Fuß
Tiefe, das sind 116,5 Meter, wurden sie wohl wegen technischer Schwierigkeiten
eingestellt. Das Ende des Dauerfrostbodens aber hatte man nicht erreicht.
Die Temperaturmessungen wurden in dem nun fertigeil Schacht von ihm auch
ausgewertet. In den Jahren 1927/28 wurde ein neues Meßprogramm begonnen
und bis in die vierziger Jahre fortgefuhrt. Das über dem Schacht
aus Larchenstammen errichtete Häuschen wurde inzwischen nach Zeichnungen
von Middendorf restauriert. Als die Stätte, an der die systematische
Erforschung des Dauerfrosbodens ihren Anfang nahm, steht die Scherginschacht
heute unter strengem Denkmalschutz. Wissenschaftliche Beobachtungen werden
nicht mehr in ihr durchgeführt. In seiner unmittelbaren Nahe aber
wurden Bohrungen bis in hundertzwanzig Meter Tiefe getrieben. In ihnen
werden die Temperaturen in verschiedenen Tiefen gemessen und damit die
Arbeiten fortgesetzt, die vor über hundert Jahren von einer Reihe
der bedeutendsten Sibirienforscher begonnen wurden.
Heute wissen wir, daß Herr Schergin seinen Brunnen hatte noch zweihundert
Meter tiefer graben lassen müssen, um den gefrorenen Boden zu überwinden.
Das ist aber bei weiten nicht die großte Mächtigkeit, die der
Dauerfrostboden in Sibirien aufzuweisen hat.
Von Dauerfrostboden spricht man dann, wenn der Untergrund
mit Ausnahme der geringmächtigen sommerlichen Auftauzone über
längere Zeiträume, mindestens aber über zwei Jahre durchgängig
negative Temperaturen aufweist. Dabei ist erst einmal gleichgültig,
ob im Untergrund Wasser vorhanden ist oder nicht. Solche Verhältnisse
sind gar nicht so selten auf der Erde. Sie treten auf mehr als zwanzig
Millionen Quadratkilometern auf, das sind fast fünfzehn Prozent der
Landmasse. Allein in der GUS gibt es auf nahezu zehn Millionen Quadratkilometern
Permafrost.
Auf der unteren Terrasse der Lena, dicht über ihrem höchsten
Wasserstand, hatten Prof. Motschanow und seine Mitarbeiter von der archäologischen
Arbeitsstelle der Wissenschaften ein Lager neolithischer Jäger und
Sammler entdeckt. Das Alter dieser Funde liegt, nach verschiedenen Methoden
eindeutig bestimmt, bei 3500 Jahren. Knapp einhundert Meter höher,
auf einer Terrasse, die dem jüngsten Pliozän zugeordnet wird,
entdeckte man eine BegrSbnisstelle, offenbar für einen Führer
des Stammes. Man hatte ihn in einem sogenannten Steinkistengrab beigesetzt,
wie es bei uns aus der Jungsteinzeit, aber auch aus noch alteren geschichtlichen
Epochen bekannt ist. Diring - Urjach ist der nördlichste Punkt im
asiatischen Raum, an dem bisher eine solche Bestattungsform nachgewiesen
werden konnte. Die flachen, senkrecht aufgestellten Steinplatten, von
denen das eigentliche Grab umgeben ist, setzen auf einer Gerollschicht
auf. Als man sich diese Gerolle naher ansah, war die Sensation perfekt.
Unter ihnen fand man bearbeitete Steine, vom Menschen hergestelle primitive
Werkzeuge . An den meisten Stucken war nur an der einen Seite etwas Gesteinsmaterial
von den recht kompakten FIuß -gerö'llen abgeschlagen worden,
um eine scharfe Kante oder eine Spitze zu erhalten, mit der man Fleischstucke
zerlegen oder Holz bearbeiten konnte. Der ungeübte Blick eines Laien
kann die Steine als Werkzeuge überhaupt nicht erkennen. Pebble -
tools, Gerollwerkzeuge, nennt man diese einfachen Zeugen der Arbeit von
Urmenschen. Die bei Diring - Urjach entdeckten Funde ähneln sehr
den altesten Werkzeugen, die in der berßhmten Schlucht von Olduvai
in Ostrafrika und dem äthiopischen Hadergebirge geborgen werden konnten.
Sie werden dort dem Affenmenschen dem Homo habilis, zugeordnet, was durch
zahlreiche Knochenfunde belegt werden kann. Ihr Alter beträgt 1.2
bis Millionen Jahre.
In der Ausbildung der Fundschichten sieht er den Beweis, daß es
zu Lebzeiten der Menschen von Diring - Urjach kälter gewesen sein
mu&,als es heute in diesem Gebiet ist. Um Überleben zu können,
mu&ten sie das Feuer nutzen, Werk zeuge herstellen und aus dem Fell
erlegter Tiere Kleidungstücke anfertigen.All das aber- so sagt Professor
Motschanow - berechtigt dazu, sie als echte Menschen und nicht als deren
Vorlaufer anzusehen unabhängig von ihrem Habitus und ihrem Skelettbau.
Reste von Menschenaffen, unseren nächsten Verwandten in der Stammmesgeschichte,
hat man in Sibirien zwar noch gefunden, aber es ist bekannt, daß
während der Tertiärzeit in der Nahe des Baikalsees bestimmte
Großaffen, Languren, gelebt haben, deren Nachkommen heute Tibet
und im südlichen China leben und sich dem dortigen winterkalten Klima
sehr gut angepaßt haben. Vieles ist noch ungeklärt und unbewiesen.
Aber wie dem auch sei - die Funde sind eine echte Sensation. Erstmalig
wurden so weit im Norden Pebble - tools gefunden, knapp dreihundert Werzeuge
sind es bisher. Mit den Abschlagen und unfertigen Stucken sind es insgesamt
über dreitausend Zeugnisse menschlicher Arbeit, die hier freigelegt
wurden. Die Grabungen und Untersuchungen, an denen auch Geologen und Geophysiker,
Bodenkundler und Geographen beteiligt sind, gehen weiter. Bald werden
wir genauer wissen, zu welcher Zeit die Menschen gelebt haben, deren primitive
Weräeuge bei Diring-Urjach gefunden wurden.
Es ist kein Zufall, daß man die Skulptur eines Mammuts gerade vor
dem Pennafrostinstitut in Jakutsk aufgestellt hat. Denn ohne den Permafrost
wäre Vieles von dem nicht bekannt, was wir heute über diese
Riesentiere des Eiszeitalters wissen.
An die drei Meter fünfzig mißt das Mammut bis zum steilen Widerrist.
Wie Knochenfunde zeigen, muß es aber vereinzelt noch großere
Tiere gegeben haben. An die sechs Tonnen hat ein Mammut gewogen, und eine
nach innen und oben gebogenen Stoßzähne konnten vier bis fünf
Meter lang werden. Die im Vergleich mit seinen heute noch lebenden Verwandten
sehr kleinen, aber behaarten Ohren waren den extrem niedrigen Temperaturen
seines subarktischen Lebensraumes angepaßt.Der ganze Körper
war von braunen drahtigen Haaren bedeckt, die bis zu vierzig Zentimeter
lang werden konnten. Wie eine Ponyfrisur fielen die Haare in die Stirn,
und von den Schultern, den Flanken, den Lenden und dem Bauch hing eine
Pelerine von einem Meter lang und mehr herab. Unter dem wasserabscheidenden
Deckhaar verbarg sich eine warme, bis 15 Zentimeter lange und gekräuselte
Unterwolle, die drei - bis viermal so dicht war.
Mammute sind zum Ende der Eiszeit, vor rund 1000 Jahren ausgestorben.
Die bis zu 4 m (2 m) langen Stoßzähne sind stark gekrümmt
und wiegen bis zu 150 Kilogramm. Das Mammut-Elfenbein wird in ganzen Zahnen
oder Bruchstucken in Nordsibirien, insbesondere der Polarmeerkuste gefunden.
Durch die jahrtausendelange Lagerung im Permafrost haben viele Fundstucke
Risse und Verfärbungen. Der Schacht im Permafrostinstitut ist 12
m tief (ehemaliges Flußbett). Das Alter des Frostbodens beträgt
hier 10.000 -15000 Jahre , Eisinhalt 20 Prozent, Feuchtigkeit 70 -100
Prozent,die Schichtung ist fest wie Beton.Hier sind standig minus 4 C,im
Sommer wie im Winter. Seit 1967 ist der Stollen auf 30 m Lange vorgetrieben,
die Breite betragt 3.5, die Hohe - 2.5 m. Die Forschungen gelten den mechanischen,
wannephysischen und anderen Eigenschaften des Pennafrostbodens, man bestimmt
die Eigenschaften des gefrorenen Bodens (Z.B.Reibungskoeffizienten
, Setzungen von Pfählen, Korrosion in salzhaltiger Umgebung). Es
werden auch Anbauversuche mit Getreide gemacht und physikalisch - geologische
Studien betrieben.
Im Jahre 1999 feierte die Staatsuniversität Jakutsk ihr Jubiläum
- den 65.Jahrestag der Hohschulbildung in Jakutien. Am 8.Oktober 1934
wurde die erste Hochschule in der Republik als das Pädagogische Institut
eröffnet. Am 01.Oktober 1956 entstand aus dem Institut die Staatsuniversität
Jakutsk. Zur Zeit studieren an der Universität mehr als 12000 Direkt-
und Fernstudenten. Die Universität hat 12 Fakultäten mit 38
Fächern und 5 Fachrichtungen, 2 Filialen in Mirny und Nerjungri.
Den Studenten stehen moderne Lehrgebäude und Wohnheime, eine reiche
Bibliothek und Computerklassen mit freiem Zugang zur Verfügung. Eine
große Bedeutung in der beruflichen Ausbildung spielen auch andere
Hohschulen der Republik: die Jakutsker Staatliche Akademie der Landwirtschaft,
das Kulturinstitut der Arktik, die Pädagogische Universität
sowie zahlreiche Filiale der Hochschulen aus anderen Regionen Rußlands.
Die Wissenschaft ist in Jakutien großgeschrieben. In Jakutsk befindet
sich das Jakutische Wissenschaftliche Zentrum der sibirischen Abteilung
der Akademie der Wissenschaften Rußlands, das 11 Forschungsinstitute
vereinigt. Die Jakutische Akademie der Wissenschaften vereinigt 5 Forschungsinstiute,
in diesem Jahr (2002) wurde das Jakutische Wissenschaftliche Zentrum der
Medizinischen Akademie der Wissenschaften eröffnet.
In Jakutsk gibts zahlreiche Sehenswürdigkeiten: Museen, Theater,
Gemäldegalerien, Kinos. Das Sacha dramatische Theater ist weltbekannt.
In diesem Jahr hat die Oloncho-Aufführung dieses Theaters die nationale
Theaterprämie Rußlands Die Goldene Maske erhalten.
(Oloncho ist das jakutische Epos.)
Ich bedanke mich besonders herzlich bei Frau Julia Nikonowa
und den Studenten der Deutschen Fakultät der Universität von
Jakutsk, Sacha, für die freundliche Unterstützung.
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